Sexsucht ist wie dauernd Chips essen😋

Sex ist wie essen.🍕 Die meisten Menschen haben nach einer guten Mahlzeit genug und haben ein Sättigungsgefühl. Bei Sexsüchtigen gibt es dieses «Ich bin satt» nicht. Ab wann man sexsüchtig ist, hat Fabienne für euch im Gespräch mit Sexualberaterin und -pädagogin Simone Dudle herausgefunden.

Simone Dudle, Sexualberatung und Sexualpädagogik

Sex = mehr als Chips essen😁

Guter Sex sei wie gut essen, meint Simone Dudle. Wenn man isst, sind die meisten Menschen danach satt und zufrieden. Bei Sex ist das mit dem Sättigungsgefühl genau gleich. Nach dem Geschlechtsverkehr oder Solosex (Masturbation) verspüren die meisten Personen eine Gelassenheit, Entspannung und sind befriedigt.

Sexsüchtige kriegen trotz häufigem Sex, nie genug. Sex ist dann wie Chips essen, es ist «wahnsinnig fein und guet», aber es macht einfach nicht satt. Man kriegt gleich wieder Hunger.

Wann ist man sexsüchtig?🤔

Simone Dudle betont einen Satz deutlich: Es besteht ein grosser Unterschied zwischen Menschen, die einfach gern viel Sex haben und solchen, die «sexsüchtig» sind: Diejenigen, die einfach gern viel Sex haben, sind auch zeitweise «sexsatt». Das heisst, sie geniessen auch das Gefühl nach dem Sex – wie den angenehm gefüllten Bauch nach dem Essen. Und sie geniessen die Vorfreude darauf. Viele Menschen haben ganz einfach Spass am Solosex (Masturbation) und / oder dem Sex. Sie freuen sich darauf und geniessen auch das gute Gefühl danach – die Entspannung und das angenehme «Nachklingen» des Orgasmus. Dadurch sind sie befriedigt – eben: «satt».

Wenn man aber trotz sehr häufiger sexueller Erregung nie genug kriegt und ein Leidensdruck körperlich und emotional wahrnehmbar ist, ist Unterstützung durch eine Fachperson angesagt.

Um das ganze verständlicher aufzuzeigen, hier ein Beispiel:

Person A (Hat gerne Sex): Hat 10x pro Tag Sex, geniesst das Gefühl, fühlt sich nach dem Sex befriedigt

Person B (Sexsüchtig): Hat 10x pro Tag Sex, Leidensdruck, eingeschränkt im Alltag, fühlt keinen Genuss beim Sex, ist nicht befriedigt und braucht immer mehr

Wir halten fest: Beide Personen haben gleich viel Sex. Das heisst aber nicht, dass beide sexsüchtig sind. Ausschlaggebend sind das Sättigungsgefühl und der Leidensdruck! Person A hat einfach gerne Sex und lebt das aus. Person B leidet darunter und wird im Alltag durch die dranghafte Sexualität eingeschränkt.

Wie sieht eine Behandlung / Therapie aus?🩺

Betroffene der Sexsucht werden im Alltag deutlich eingeschränkt. Die Betroffenen können zum Teil nicht mehr arbeiten oder sich mit Freunden treffen, da sie dauernd an Sex denken. Auch können Schmerzen durch häufiges Masturbieren oder Sex beim Geschlechtsorgan (Penis, Vulva, Vagina) auftreten. Wenn keine emotionale und körperliche Befriedigung erlebt wird, kann dies auch zu depressiven Verstimmungen führen. Du kannst dir das so vorstellen, dass solche Leute dauernd unter Strom stehen und sich nicht entspannen können, da sie keine Befriedigung finden.

Jeder Fall ist unterschiedlich, daher gibt es keine allgemeingültige Behandlungsmethode.  Es gibt mehrere Ansätze, wie Betroffene beraten werden können. Eine Möglichkeit ist die Sexualberatung, wie sie Simone Dudle anbietet. «I gseh d’Lüt, wo i mini Berotig chömet nöd als chrank a.», unterstreicht Dudle. «Oft händ die Menschen bis jetzt nur glernt Chips zässa. Sie kenned die verschiedene Möglichkeiten vo sexueller Stimulation, wo satt und zfriede mached, nonig.»

Sexualität ist nämlich ein Lernprozess, aber nirgendwo werden junge Menschen darin unterstützt bzw. begleitet. Was ist denn die Alternative zu Chips essen? Betroffene lernen in ihrer Beratung u.a. wie sie in der Selbstbefriedigung ihren Körper anders einsetzen können, damit sie satt werden. In den Beratungen gehören Gespräche genauso dazu wie Übungen in Kleidern zur Körperwahrnehmung. Dafür hat Dudle einen zusätzlichen Raum mit Spiegel ausgestattet. Zu Hause dann wenden die Betroffenen in der Selbstbefriedigung das Gelernte an.

Beispiel: Es gibt Männer, die sehr schnell masturbieren und nur die Hand schnell hin und her bewegen. Solche Menschen lernen, wie sie ihren ganzen Körper bei der Masturbation einsetzen können. So kommen sie zur Entspannung und erleben Genuss. Sie erweitern das Chips essen sozusagen mit anderen Nahrungsmitteln.

Raum für Übungen (Foto: Fabienne Giger)  

Beratungszimmer (Foto: Fabienne Giger)

Warum sind Männer mehr betroffen?🧔🏼

Simone Dudle erklärt, dass häufiger Männer unter Sexsucht leiden. Das hat einen einfachen Grund: Männer haben einen leichteren Zugang zu ihrem Geschlechtsorgan, da der Penis ausserhalb des Körpers ist. Bei Frauen ist das anders. Das Geschlecht ist zu 2/3 im Körper der Frau.

Durch diese Direktheit zum Penis, setzen sich die Männer mehr mit ihrem Geschlechtsteil auseinander. Das beginnt schon als Kind. In der Pubertät gewöhnen sie sich eine Solosex-Technik (Masturbationstechnik) an, meist kombiniert mit Pornokonsum. Diese Technik wird meist beibehalten, auch wenn sie nicht richtig satt macht und den Effekt von Chips essen hat.

Es sei sehr wichtig die Sexualität mit Genuss zu verbinden und verschiedene Varianten kennen zu lernen. Wie beim Essen auch, machen vitaminreiche Nahrungsmittel und langsames essen satt. So brauche man auch weniger Chips, fügt Simone Dudle hinzu.😉

Brauchst du Hilfe?🆘

Fühlst du dich betroffen und würdest gerne mit jemanden darüber sprechen? Sexberatungen seien hilfreich, sagt Simone Dudle. Es braucht schon ein bisschen Mut. Aber, wer viel Chips isst, ist ja nicht krank, sondern braucht vielleicht eine Ernährungsberatung. Hier eine weiter Anlaufstelle, die du kontaktieren kannst: Fachstelle fürs Aids- und Sexualfragen.

Du darfst auch sehr gerne mit uns Kontakt aufnehmen!

Jugendinformation und -beratung tipp

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WICHTIG: Viel Sex oder Masturbieren ≠ sexsüchtig

Titelphoto by Jeff Siepman on Unsplash