Poetry Slams – die Macht, Menschen mit Wörtern zu verzaubern 

Bei Poetry Slams geht es um weit mehr als darum, Reime vorzutragen, immer mehr Menschen begeistern sich dafür. Warum also nicht gleich selbst ausprobieren?

Die Poetry-Slam Szene wird immer vielfältiger, denn immer mehr Jugendliche und Erwachsene trauen sich auf die Bühne, um ihre selbstgeschriebenen Texte vorzulesen. Auch gibt es immer mehr Zuschauer, welche mitfiebern.

Was ist ein Poetry Slam?

Poetry Slams sind sogenannte literarische Wettbewerbe, das heisst, dass es sich um Wettbewerbe handelt, bei denen nicht gesungen oder etwas vorgespielt wird, sondern Texte vorgetragen werden. Es geht darum, dass Teilnehmende ihren selbstgeschriebenen Text innerhalb einer gewissen Zeit vorlesen. Das Publikum kann dann den Sieger durch Stimmzettel oder lauten Applaus küren und somit den Text auswählen, der ihm am besten gefallen hat.

Regeln

Bei Poetry Slams gibt es Regeln, die für die Teilnehmenden gelten. Zum einen müssen die Texte immer selbst geschrieben sein und wenn man zitiert, muss das als Zitat gekennzeichnet und erwähnt werden. Es geht dabei um das gesprochene Wort. Das heisst, dass man während der Performance nur wenig oder am besten gar nicht singen darf. Requisiten und Verkleidungen sind dabei nicht erlaubt. Es gibt ein Zeitlimit von sechs Minuten, danach kann einem das Mikrofon weggenommen werden. Die letzte Regel ist für die Zuschauer und lautet: «Respect the poet.» Man darf die Teilnehmenden nicht beleidigen oder auslachen.

Mehr als ein Wettbewerb

Poetry Slams sind nicht nur Wettbewerbe, denn zu gewinnen gibt es meistens einfach eine Flasche Alkohol, die man nach den Slams in der Runde ausschenkt. Man lernt immer wieder neue Menschen kennen und kann so national und international neue Kontakte knüpfen. Selbstbewusst aufzutreten und seine Texte mit Überzeugung vorzulesen, ist eine Voraussetzung. Wer nicht präsent ist, gewinnt auch nicht. Slammerin Antonia Lia sagt: «Es ist sehr erfüllend, mutig zu sein und mit den eigenen Texten auf Bühnen zu stehen. Menschen aus dem Publikum werden sich mit dir identifizieren und du wirst merken, dass du nicht alleine bist.»

Wie kann man mitmachen?

Auf der Website www.poetryslam.ch sind alle Poetry Slams aufgeführt, die in der nächsten Zeit stattfinden. Falls noch Teilnehmende gesucht werden, ist dies angegeben und Interessierte können dem angegebenen Veranstalter eine Email schreiben.

Interview mit Poetry Slammerin Antonia Lia Eugster

Antonia Lia Eugster ist eine 22 Jahre alte St. Gallerin, die erst seit kurzem in der Poetry Slam-Szene aktiv ist. Ihr erster Poetry Slam im Jahr 2022 war ein voller Erfolg mit der höchsten Punktzahl gewann sie mit ihrem Text über sexualisierte Gewalt. Seitdem tritt sie immer wieder auf und begeistert das Publikum mit ihren Texten, die nicht nur zum Nachdenken anregen, sondern auch andere dazu animieren, über Tabuthemen zu reden und sich zu trauen, ihre Gefühle anzusprechen.

Wieso hast du angefangen, Texte zu schreiben und wie kamst du zu Poetry Slams?

Ich habe immer gerne Texte für Geburtstagsanlässe geschrieben. Für meinen Papa oder meine Schwester, für die Oma oder die beste Freundin beispielsweise. So kam ich zum Schreiben. Im Blumenmarkt findet man Plakate der aktuellen Kulturveranstaltungen und das Poetry Slam- Plakat wollte nicht mehr aus dem Kopf. Eines Abends nach zwei Gläsern Rotwein zu viel suchte ich die E-Mail von den Veranstalter*innen heraus, und schrieb diese an. Am darauffolgenden Tag hatte ich die Zusage, dass ich dabei bin und ich dachte «Shit».

Welche Texte schreibst du und was inspiriert dich?

Ich verarbeite im Moment viele persönliche Themen wie zum Beispiel sexualisierte Gewalt, Machtgefälle und wie ich mit kleinen unschönen Situationen im Alltag umgehe. Meine Texte sind bewusst sehr emotional und manchmal sogar triggernd geschrieben. Sie sollen die Menschen zum Nachdenken motivieren und sie aus der Komfortzone locken.

Mit welcher Erwartung bist du zu deinem ersten Poetry Slam gekommen und wie war es danach?

Ich hatte keine Erwartungen. Vielleicht die Erwartung, mich nicht komplett zu blamieren. Ich war zuvor noch nie auf einem Poetry Slam und wusste nicht, wie es ablaufen würde und dass es überhaupt eine gewinnende Person gibt. Das Gefühl nach dem Sieg war sehr schön und wohltuend.
Schnell danach kam jedoch der Druck, neue Texte zu schreiben, die das Publikum mitreissen und darin habe ich mich auch ein bisschen verloren.

Hattest du schon schlechte Erfahrungen auf der Bühne?
In der Grabenhalle St. Gallen durfte ich den Abend eröffnen und habe mich entschieden, meinen Text «Lia» zu lesen, in dem es um sexualisierte Gewalt geht. In der Pause kam eine etwas ältere Dame zu mir und meinte passiv- aggressiv, wie unpassend dieser Text für einen Samstagabend sei und sie nicht geklatscht habe. Das hat mich runtergezogen. Gleichzeitig hat es mir gezeigt, weiterhin über das Thema zu sprechen, denn es muss an allen Wochentagen seine Daseinsberechtigung haben.

Wie stellst du dir die Zukunft der Poetry Slams vor?

Ich bin ja noch nicht so lange dabei, aber ich habe mich etwas umgehört. Poetry Slam entwickelt sich stets weiter und hoffentlich wird dies so weitergehen.

Autorin: Mare Hellermann, K+I Klasse Kanti am Brühl